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Die Deutschen waren immer in Gefahr, Unheil anzurichten, wenn sie romantisches Denken in die Politik übertragen. Multikulti ist pure romantische Gesinnung – jene, die dies propagieren, müssen sich vorwerfen lassen, dass sie den Hassern den Weg bereiten.

Eine Wiener Philosophin hat kürzlich im österreichischen Rundfunk mit einem Text von großer sprachlicher Eindringlichkeit für die pluralistische Gesellschaft geworben. Nicht im Kampf der Kulturen, wie Huntington ihn beschwor, liege die eigentliche Bedrohung, sondern im Kampf aller Fundamentalisten gleich welcher Religion und Ideologie gegen die multikulturelle Gesellschaft. Deren Vielfalt sei das einzig positive Ideal unserer Zeit, nicht Homogeneität wie von den Fundamentalisten erstrebt.

Auf den ersten Blick scheint die Wiener Philosophin sich damit in eine ehrwürdige Tradition einzureihen, die gerade im deutschsprachigen Raum hervorragende Beispiele zählt, angefangen von Lessings „Nathan der Weise“ über den liberalen Kosmopolitismus von Immanuel Kant bis hin zu Poppers „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“. Allerdings trifft dieser Eindruck nur auf den ersten Blick zu, meine Opposition gegen den Text geht ja schon aus dem von mir gewählten Titel hervor. Da ist etwas heillos schief mit diesem Plädoyer aus dem philosophischen Elfenbeinturm. Der Text ist ein faszinierender Sirenengesang aus Wahr und Falsch, mit anderen Worten ein berauschender Cocktail aus Halbwahrheiten.

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Denn man erschafft nun einmal keinen neuen Menschen – radikal anders als ihn alle bekannte Historie kennt -, indem man ein neues Menschenbild herbeiphantasiert. Der Text der Philosophin, deren wirklichen Namen ich hier absichtlich verschweige – nennen wir sie einfach die Wohlmeinende -, ist von sprachlicher Brillanz, aber ohne Erkenntniswert. Als Leitbild für politisches Handeln wäre er brandgefährlich. Rüdiger Safranski behält recht mit seiner Warnung: Die Deutschen waren immer in Gefahr, furchtbares Unheil anzurichten, wenn sie das romantische Denken in die Politik übertragen. Max Weber hat es mit gleicher Deutlichkeit ausgesprochen: Neben der Gesinnungsethik, die einen Staat ruinieren kann, muss es die Verantwortungsethik geben. Gemäßigte Parteien sollten die Einwanderung auf jenes Maß reduzieren, welches von einer Bevölkerungsmehrheit akzeptiert wird, so wie es vor Angela Merkels Willkommenskultur eine Selbstverständlichkeit war; tun sie es nicht, dann werden extremistische Parteien es auf ihre Art tun. Dann aber wird an die Stelle der Sorge um den Zusammenhalt des Gemeinwesens etwas ganz anderes treten, nämlich der Hass auf alles Andersartige – wie ja schon jetzt unübersehbar. Multikulti als Ideal ist pure romantische Gesinnung – jene, die diese Gesinnung propagieren, müssen sich vorwerfen lassen, dass sie den Hassern den Weg bereiten.

 

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