Die BüSo-Bundesvorsitzende Helga Zepp-LaRouche hielt auf dem Bundesparteitag der Bürgerrechtsbewegung Solidarität am 14. November 2015 in Berlin die folgende Grundsatzrede.
Der Text wurde für die Veröffentlichung leicht überarbeitet.

Quelle:

.... mit den Abschnitten ......'

  • Ahnungslos in die Krise

  • Rußland und China wehren sich

  • Widerstand in verschiedenen Ländern

  • Die neokonservative Politik

  • Auf Lügen aufgebaute Kriege

  • Katastrophale Lage in USA

  • Was Deutschland tun kann

  • Wirtschaftsaufbau statt Terrorismus

  • Veränderung der Kultur

Damit das alles funktioniert, brauchen wir auch in Deutschland eine grundlegende Veränderung der Kultur. Wir brauchen einen Paradigmawandel. Das, was im Augenblick die Mehrheit der Bevölkerung lähmt, ist Fremdbestimmung. Die meisten akzeptieren, daß wir in einer Diktatur oder einer Oligarchie leben, mit dem berühmten Satz: „Man kann ja sowieso nichts machen“ – diesen Satz hört von den Deutschen allerorten – oder man schwimmt eben so mit. Man akzeptiert die Unterhaltungskultur, die Verblödung im Fernsehen.

Ich weiß nicht, ob Sie noch fernsehen, aber mir fällt auf, es gibt immerzu nur noch „Tatort“. Es gibt keine wirklichen Spielfilme mehr. Neulich gab es den „Spielfilm der Woche“; ich habe freudestrahlend den Fernseher angemacht und was kam – ein Krimi. Das ist eine Verarmung, als würde die ganze Welt nur aus Verbrechen und deren Aufklärung und den merkwürdigen Beziehungen der Kommissare bestehen.

Das Geistesleben ist unglaublich verarmt. Es gibt keine kulturelle Debatte, keine geistige Auseinandersetzung um große Fragen der Zeit mehr.

Wenn Deutschland in diesem schwierigen historischen Moment überleben will, müssen wir unsere wahre Identität wiederentdecken. Was ich mit wahrer Identität meine, ist natürlich die klassische Kultur, wie sie sich in der Musik entwickelt hat – Bach, Schubert, Mozart, Beethoven, Schumann, Brahms. In der Dichtung sind wir reich gesegnet mit Lessing, Schiller, mit Heine, mit Hunderten anderen klassischen Dichtern. In der Philosophie und Naturwissenschaft ist uns eigentlich klar, daß Deutschland das Land ist, aus dem die meisten Denker, Dichter, Entdecker und Erfinder hervorgegangen sind, nur daß sie heute nicht mehr bekannt sind. Wer liest eigentlich noch Nikolaus von Kues, Kepler, Leibniz, wer kann die Gedichte von Schiller noch auswendig oder wendet die ästhetische Theorie im täglichen Leben an?

Wir müssen uns mit diesen Klassikern wieder anfreunden und dann die Fremdbestimmung in unserem eigenen Kopf ablegen, weil sich so das konformistische Wohlverhalten bestimmt, um zu einer bestimmten Gruppe gehören zu wollen – zu einem bestimmten Klub, dem transatlantischen Klub oder dem Freie-Marktwirtschafts-Klub oder einem anderen Klub, der uns anscheinend Vorteile bringt. Das ist der Grund, warum wir nicht frei sind. Wir sind nicht deshalb unfrei, weil wir keinen Friedensvertrag haben, was einige Leute bis zum Erbrechen nachbeten, sondern wir sind nicht frei, weil wir innerlich nicht frei sind. Wir müssen zu einer inneren Bestimmung, zu einer Selbstbestimmung zurückfinden, zu dem, was Schiller in dem wunderbaren Gedicht Die Hoffnung sagt: „Denn was die innere Stimme spricht“ – das ist wahr, und das müssen wir wieder hören.

Mein Ehemann hat sich soeben über die Plazierung der Stimme beim Belcanto-Singen und über die Bedeutung davon geäußert. Die italienische Belcanto-Methode, die Kunst des schönen Singens, hängt damit zusammen, daß man die Stimme an der richtigen Stelle plaziert, d.h. den gesamten menschlichen Körper, die Bruststimme, die Kopfstimme, den gesamten Resonanzkörper als Teil eines Instruments betrachtet und auf diese Weise die Intonation und die Intention des Komponisten erfaßt. Aber es ist nicht nur eine „Plazierung“ der Noten oder der Musik, sondern es geht eigentlich um die Stimmung in unserem Leben, um die Plazierung unserer Identität in der Schöpfungsordnung.

Jeder, der schon einmal überlegt hat, daß es in der Tat so etwas gibt wie die Vorhersehung, sollte diese nicht nur religiös auffassen; die meisten haben sicher schon einmal die Erfahrung gemacht, was das Gefühl ist, wenn man genau das tut, was notwendig ist; wenn man weiß, daß man als „guter Samariter“ handelt, daß man im Grunde als Mensch menschlich handelt, was eigentlich immer der Fall sein sollte, was man aber es leider nur ab und zu schafft. Jeder kennt das Gefühl des inneren Glücks oder der inneren Freiheit, wenn man weiß, man ist frei in der Notwendigkeit. Das ist die Qualität des inneren Freiseins, die wir wieder erringen müssen.

Schiller hat dies in seiner Forderung an die Künstler so beschrieben: Er sagt, bevor ein Künstler es wagen kann, sein Publikum zu rühren, muß er sich erst zum idealen Menschen emporgeadelt haben. Das müssen wir wieder als Forderung an uns stellen. Das heißt nicht, daß wir es jede Sekunde oder jede Minute schaffen, aber wir folgen der Idee, daß wir wieder unser Menschsein verwirklichen, indem wir mit unserem Leben etwas beitragen, um die Menschheit voranzubringen.

Das müßte eigentlich das sein, was uns bestimmt. Das ist es, was die deutsche Kultur eigentlich wieder werden muß.

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